Der Spruch „Es ist mir egal, was andere von mir denken“ weist einen als eigenständigen Menschen aus, der nicht von seiner Art lässt, auch wenn es andere stören könnte. Damit erhebt man sich von der Herde, fühlt sich gut und kann sich im Folgenden durchaus Probleme einhandeln, an die man zunächst gar nicht denkt.
Eine Herde ist immer strukturiert. Es gibt Leithammel, die die Richtung bestimmen und Folgeschafe, die eher hinterherlaufen. Weder den einen, noch den anderen kann es egal sein, was die Herde über seine Meinung denkt. Selbst ein Leittier kann nicht einfach die Richtung ändern. Seine Meinung muss zu dem passen, was vorher als Weisheit verkündet wurde. Immerhin steht die Rangfolge in der Herde auf dem Prüfstand. Bricht jemand wichtiges aus, kommt Kritik von der Leitung und die Herde protestiert, da sie zusammengehalten werden soll. Schert ein unbedeutendes Mitglied aus, wird es ignoriert, es könnten sonst noch welche mitgehen.
Hat man sich nun eine eigene Meinung gebildet und sich mehr oder weniger offen von der Herde getrennt, stellt sich das Problem, wie umgehen mit seinen Mitmenschen? Man trifft im Job, bei den Kunden, im Verein oder ähnlichem immer auf ein Gegenüber, das vermutlich eher nicht mit der persönlichen Meinung übereinstimmt. Falls man richtig Aufwand in diese, persönliche, einzigartige Meinung gesteckt hat, kann man gar nicht erwarten, dass das Gegenüber mit einem übereinstimmt.
Und dann wird es interessant. Je nachdem, was das Gegenüber von einem denkt, bekommt man unterschiedliche Reaktionen. Ist es der Meinung, dass man das Recht auf eine eigene Meinung hat, weil in dem Bereich besonders bewandert ist, wird geglaubt. Falls man aber nur genauso bewandert ist, kann man mit Widerspruch rechnen. Schließlich ist die eigene Meinung eine neue Meinung und muss verteidigt werden. Falls man aber als unbewandert gilt, wenn man zum Beispiel als Nichtmediziner etwas zu Krankheiten sagt, dann kann man kaum mit „gesundem Menschenverstand“ kommen. Den spricht man dem Gegenüber ab und schon fängt der Streit an.
Bei einem Streit verfestigt sich die Meinung des Gegenübers. Es geht nur noch um Sieg oder Niederlage. Laut Schopenhauer gibt es Techniken, mit denen man jeden Disput gewinnen kann, egal wie unsinnig der eigene Standpunkt auch ist.
Besser ist es, so zu formulieren, dass die eigene Meinung nicht die Beste oder Einzige ist, sondern eine von mehreren ist. Man stellt sich sie als eine vor, die von anderen Informationen und Ansichten beeinflussbar ist. Falls es gelingt und das Gegenüber interessiert ist, kann ein Abwägen, Austauschen und Verbessern der unterschiedlichen Standpunkte stattfinden. Es wäre ein win-win.
Von daher ist es nicht egal, was andere vom eigenen Standpunkt halten.